Rennbericht Ironman Hawaii

Hallo Leute,

seit gestern bin ich wieder im Lande und was soll ich sagen…es war absolut genial. Die Insel und das Rennen sind genauso wie ich es mir vorgestellt habe. Ich bin wirklich sehr dankbar dafür, dass ich das erleben durfte.

Wenn man den Tag im Nachhinein noch einmal Revue passieren lässt, dann stellt sich doch für mich heraus, wie viel ich wirklich davon genießen konnte. Die Schmerzen sind schnell vergessen, was mir bleibt ist diese super Gefühl an dem Tag dabei gewesen zu sein.
Natürlich war ich vor dem Start total aufgeregt, die halbe Nacht konnte ich überhaupt nicht schlafen und war froh als ich dann früh vor dem Start rechtzeitig am Pier eintraf und alles regeln konnte, ohne in den typischen Vorstartstress zu fallen.

Was hatte ich mir vorgenommen? Zuallererst wollte ich unbedingt finishen, auch wenn es heißen würde den Marathon zu gehen oder 20 Minuten auf den Bike-Support zu warten. Ankommen war oberste Priorität! Daher plante ich auch mich vor allem am Anfang zurückzuhalten und eine eher konservative Rennstrategie zu wählen.

Schwimmen:
Ich sah noch dem Start der Profis zu, inklusive amerikanische Nationalhymne und dann ging es auch schon für die Agegrouper in Richtung Schwimmstart. Ursprünglich wollte ich mich soweit links wie möglich und damit aus der Masse heraushalten. Auf einmal war ich aber schon überall umringt von anderen Athleten und konnte mich nur halbwegs links orientieren, da Bojen und Boote im Weg lagen. Ungefähr 10 Minuten strampelte ich was das Zeug hielt und versuchte mich im vorderen Drittel zu platzieren. Teilweise brach etwas Panik aus, weil sich Leute an anderen festhalten mussten, damit sie nicht untergehen, und dann natürlich diese wiederum mit sich nach unten zogen. Endlose Minuten später fiel der Startschuss. Und sofort war ich mitten in der Action!

Speziell anfangs konnte ich mich weder seit- noch vorwärts bewegen und war eingeschlossen von tausenden Armen und Füßen. Von meiner ursprünglich geplanten Schwimmposition ganz links, war ich mindestens 500 Schwimmer entfernt. Erst nach einigen Minuten konnte ich mich etwas lösen und in ruhigeres „Fahrwasser“ schwimmen. Zum ersten Mal genoss ich den Schwimmteil, indem ich mir das Riff, die Fische und Schildkröten unter mir ansah. Ich fand in mein Wohlfühltempo hinein und schaute mich ab und an nach Füssen zum Mitschwimmen um. Vor dem Start fuhren wir mit dem Shuttle zum Pier und während dieser Fahrt spielte „Dancing Queen“ von ABBA. Jetzt hatte ich zwangsläufig diesen Ohrwurm in mir drin und summte die ganze Zeit die Melodie von „Dancing Queen“ vor mich hin, ein Wunder das es die Tiere unter mir nicht vertrieb 🙂

Als wir die schützende Bucht verlassen hatten, merkte ich auf einmal wie sich der Wellengang verstärkte. Unterstützt wurde das ganze noch von vorbeifahrenden Booten und fliegenden Helikoptern die das Wasser weiter aufwühlten. Ich muss zugeben dass ich kein wetterfester alter Seebär bin und langsam aber sich wurde mir etwas übel. Um meine Mitschwimmer nicht mit meinem Frühstück zu belasten, behielt ich es für mich. Aber wenn das Schwimmen noch 100 Meter weiter gewesen wäre, hätte ich mich irgendwann auf die Badekappen neben mir übergeben müssen.

Die Wendestelle markierte eine schicke, weiße Segelyacht. Zum Glück…ich hatte schon das Gefühl stundenlang geschwommen zu sein. Nach dieser Stelle lockerte sich das Feld langsam und ich bekam sogar richtig viel Platz zum Schwimmen. Wahrscheinlich hatte mich schon das halbe Feld überholt 🙂 Der Rückweg war, außer das mir immer schlechter wurde, recht ereignislos und nach gefühlten anderthalb Stunden sah ich endlich den Pier vor mir. Ich war echt froh als ich endlich wieder Boden unter meinen Füßen hatte. Nach einem kurzen Aufenthalt unter den Duschen, das Salzwasser sollte man wegspülen, nahm ich mir meinen Wechselbeutel und rannte ins Zelt hinein. Dort war die Hölle los! An Helfer und freie Sitzplätze war nicht zu denken, also stellte ich mich irgendwo in die Ecke und zog mich um. Jetzt ging es den ganzen langen Weg zu meinem Rad in die äußerste Ecke der Wechselzone und als ich dort ankam, fiel mir sofort auf dass schon ein Großteil der Räder meiner AK weg war. Als ich dann meine Schwimmzeit sah, war ich erst einmal etwas enttäuscht (1:09). So langsam war ich noch nie geschwommen! Egal, ich wollte ja das Rennen auch etwas genießen…

Radfahren:
Ich schwang mich auf meinen Bock und radelte ruhig los. Anfangs schossen selbst im Ort noch jede Menge Leute an mir vorbei. Das sollte sich später noch sortieren…
Die ersten 10km geht es durch Kailua und dann endlich rauf auf den Queen K. Highway. Die Sonne brannte schon und der Rückenwind fühlte sich gut an. Mir machte es tierisch viel Spaß!! Ich verdrückte ein kleines Frühstück und fing an einige der Ausreißer wieder einzusammeln. Obwohl ich anfangs auch größere Gruppen überholte, muss ich sagen dass alle die ich sah, sehr fair radelten. Jeder hielt seinen Abstand und beachtete die Überholregeln. Ich muss zugeben, dass ich einen Mordsrespekt vor den Wettkampfrichtern hatte! Was ich alles vorher gehört hatte, selbst für das Wegwerfen von Bananenschalen bekam man 4 Minuten Zeitstrafe.

Die Zeit bis zur Auffahrt von Hawi (km 70) verging wie im Fluge und auf einmal wurde es richtig hart! Der Wind kam nun von vorn und der Seite und ich hatte bergauf! teilweise Probleme mein Rad ruhig zu halten. In regelmäßigen Abständen kamen richtige Böen die mir fast den Vorderlenker wegrissen. Also kämpfte ich mich im Schneckentempo bis nach Hawi hoch. Dort angekommen, war ich erst einmal ziemlich mitgenommen. Puh..
Das coolste war natürlich, als mir die ersten Profis entgegen kamen. Und wenn sah ich dort als Führenden, Sindballe, der mir wie ein geölter Blitz entgegen schoss!

Der Wendepunkt liegt bei km 95 und bis dato hatte ich einen 34 Schnitt und war mit mir und der Welt zufrieden weil es jetzt zwar hauptsächlich Gegenwind gab, aber es auch den berg herunter ging. Und anfangs ging es mit 70 Sachen und ordentlich Rückenwind den Berg herunter, oh yeah 🙂
Der böige Wind blies allerdings immer noch, meine Schultern schmerzten schon heftig, weil ich mich krampfhaft am Aerolenker festhielt und hoffte dass ich nicht aus der Bahn geworfen wurde. Auf einmal knallte 30 Meter vor mir ein überholender Radler auf seinen Nebenmann auf, als er von einer Böe erfasst wurde. Beide stürzten und für einen sah es so aus als wenn das Rennen gelaufen wäre. Knapp konnte ich vorbeifahren und hatte nun richtig Angst beim meinen Überholvorgängen.

Leider war die Abfahrt schneller zu Ende als gedacht und von nun an hatte ich permanent Gegenwind. Jetzt wollte ich auch langsam Gas geben und gegenüber den Anderen Zeit gut machen! Irgendwie ging es aber nicht, ich bekam keinen Druck aufs Pedal und mein Puls sackte langsam aber sicher ab. Ich weiß nicht woran es lag aber ich denke ein Mix aus vielen Faktoren war dafür verantwortlich. Ich hatte immer noch Mordsrespekt vor dem Laufen und war innerlich nicht bereit auf 100% zu gehen, vielleicht hatte mich die Auffahrt nach Hawi doch entscheidende Körner gekostet und vielleicht hatte ich auch etwas wenig gegessen. Auf alle Fälle fühlte ich mich auf dem Rückweg echt platt!! Meine Motivation versank im Keller und ich sehnte mir die zweite Wechselzone herbei! Im Nachhinein betrachtet steht für mich fest, dass ich in diesem Rennabschnitt zuviel Zeit verloren habe und denke da ging meine „sub 10“ Zeit flöten.

Nach endlosen Kilometern kam ich endlich zurück nach Kailua. Ich benötigte 5:31, Wahnsinn, so langsam war ich noch nie!! Nach meinen Pulswerten zu urteilen, müsste ich jetzt ausgeruht den Marathon angehen können. Ich fühlte mich im Gegenteil dazu allerdings echt platt und bezweifelte schon dass ich den kompletten Marathon würde „laufen“ können.

Laufen:
Also trabte ich erst einmal los und nach einigen Minuten ging es mir wieder viel besser. Ich fand einen guten Rhythmus und genoss wieder das Rennen. Die ersten 15 Kilometer gehen direkt durch den Ort am Ali Drive entlang und hier waren auch noch jede Menge Zuschauer. Bis auf eine kurze Gehpause aufgrund von Seitenstechen (es waren wohl die eiskalten Getränke 🙂 lief alles Bestens. Ich kühlte mich vorsorglich an jeder Verpflegungsstation mit Eis und Schwämmen und trank was das Zeug hielt. Ich wurde zwar oft an diesen Stellen überholt, weil ich mich ordentlich auftanken wollte und deshalb die Verpflegungsstationen ging, aber das sollte sich später auszahlen. Es platzten sehr viele Athleten im letzten Teil des Marathons einfach weg, obwohl ich mir dachte das die Leute hier auf Hawaii etwas cleverer agieren würden, liefen selbst einige Profis noch einen Marathon über 4 Stunden.

Ich war dann dermaßen von meiner tollen Laufstrategie beeindruckt dass ich teilweise Kopfschmerzen bekam, weil ich wohl etwas zuviel Eis in meine Mütze eingelagert hatte. Ich schüttete mir nicht nur Eis in meine Mütze, sondern auch vorn und hinten ins Trikot und selbst an die sensiblen männlichen Stellen sorgte ich für ausreichend Kühlung, was einige weibliche Zuschauer zu Szeneapplaus veranlasste 🙂
Dermaßen motiviert ging es wieder auf den Highway, dem viel gefürchteten „Energy Lab“ entgegen! Wer sich jetzt eine geheimnisvolle Grotte mit dem Hawaiianischen Orakel darunter vorstellt, oder einen einsamen Wüstenabschnitt inmitten glühenden Magmas, der liegt hier falsch. Es sind einfach ein paar aufgestellte Solarkollektoren, daher auch der Name, und es geht 2km rein und wieder 2km raus.
Was allerdings beeindruckend war, war die Temperatur! Über 40 Grad und die Luft stand, ich dachte ich brenne! Selbst mein Atem fühlte sich heiß an. Als es danach zurück auf den Highway ging, waren es nur noch 11km ins Ziel. Anstatt wie vorher geplant jetzt noch einmal Gas zu geben, entschloss ich mich allerdings nur weiter zu laufen und kein Tempo zu verlieren. Das gelang mir auch mehr oder weniger und ich kam dem legendären Ziel immer näher…

Die letzten 2km geht es wieder in den Ort herunter und hier bekam ich zum ersten Mal in meinem Leben einen Krampf im Wettkampf. Sonst rühmte ich mich immer völlig krampfresistent zu sein. Aber hier zog ich mir beim Ablaufen der „Palani Road“ einen üblen Krampf im Hintern zu, dass es eine wahre Freude war. Mit schmerzverzerrtem Gesicht lief ich die letzten Meter und anwesende Zuschauer dachten wahrscheinlich dass ich kurz vorm Herzkollaps stehe, so fletschte ich mit den Zähnen. Nichtsdestotrotz genoss ich den Einlauf in den Zielkanal, das freudige Gesicht meiner Freundin (bis jetzt hatte ich nur gute Rennen, wenn sie auch dabei war) und die Stimme von Mike Reily: „you are an Ironman“!!!

Meine Laufzeit lag bei 3:25 Std., unter erschwerten Bedingungen und Laufpausen an den Verpflegungsstationen bin ich damit zufrieden. Beim Radfahren wäre ich gern noch etwas schneller gefahren und auch mit dem Schwimmen war ich nicht ganz so zufrieden…aber hey, es ist Hawaii und alles kann passieren. Ich bin froh das ich es ins Ziel geschafft habe!!

Was für ein Tag! Das werde ich mein Leben lang nicht vergessen.

Mahalo

krelli

1 Gedanken zu „Rennbericht Ironman Hawaii

  1. Moin Krelli,

    wat soll ich sagen. Ich zuckel platt vom morgentlichen Laufen durchs Büro und fühlte mich bis eben wie eine Rolle.

    Jetzt habe ich Gänsehaut.

    Gut, der Kaffee ist kalt und ich habe vergessen alibihaft ein wenig auf der Tastatur zu klappern damit keiner merkt dass ich nur noch lese, aber manchmal lohnt es sich einen 2 Jahre alten Bericht zu auszukramen.

    Dat Leif

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